Das Leben in einer Community

Dienstag, 31.03.2015

Hallo aus dem heißen Outback,

nachdem wir unsere teuflische Tour beendet hatten, standen uns ein paar ganz andere Tage bevor, denn unser nächstes Ziel hieß: Barunga, eine Community in der Steph lebt. Wir erreichten Barunga nach einer abenteuerlichen Fahrt auf kilometerlange Straßen durchs Nichts am Freitagabend, den 27.03. Nach einer wirklich langen Fahrt (750km - 11,5 Stunden unterwegs) waren wir froh, als wir die Aborigines-Community erreichten. Nach einigen Fehlversuchen das Haus anzufinden, öffnete uns schließlich die richtige Person die Tür. Denn in Communities gibt es keine Straßennamen, sondern wenn man Glück hat nur ein paar für uns scheinbar wahllose Nummern, da kann es doch schonmal vorkommen, dass Haus 1020 neben Haus 31 ist. Steph empfing uns mit einem tollen Abendbrot. Den Abend verbrachten wir ansonsten nur mit quatschen und dem Genießen der Couch.

Am nächsten Tag schliefen wir lange aus, in einem richtigen Bett und genossen ein langes Frühstück ohne lästige fliegen. Weiterhin zeigte sie uns die Community in der sie lebt und wir fuhren nach Katherine, die nächst größere Stadt zum einkaufen, "nur" 100km entfernt. Das Leben in einer Community ist wirklich ein extremes, es gibt nicht viel außer ein paar Häusern, vielen Hunden und eine Schule. Wir bekamen einen wirklich super Einblick in das Leben der Aborigines. Es ist definitiv so, dass sie noch nicht wirklich mit den aufgezwungenen Gewohnheiten und der Lebensweise der Europäer zurechtkommen, aber das Leben in einer Community ermöglicht die Kombination aus der traditionellen Lebensweise und die Adaption der Sitten und Bräuchen der Australier, auch wenn das nicht wirklich immer von Erfolg gekrönt ist. Wir haben wirklich viele Aborigines betrunken an Straßenrändern gesehen oder viele, die einfach den ganzen Tag nicht wirklich viel machen. Das ist auch eine große Diskussion in Australien, die Aborigines bekommen quasi als Wiedergutmachung für die jahrelange Folter und Unterdrückung alle 2 Wochen Geld, ohne etwas dafür leisten zu müssen. Das unterstützt natürlich auch den Alkoholkonsum und die Motivation nicht arbeiten zu gehen. Ein wirklich schwieriges Thema, wir haben aber die Tage hier einen wirklich genauen Einblick bekommen in das Leben der Ureinwohner, die immer mehr Traditionen verlieren, da ihre Kultur eine mündliche ist. Sie haben nie Schrift entwickelt und daher sind schon viele der bedeutsamen Geschichten ihrer Kultur verloren gegangen.

Nun aber zurück zu unseren Tagen. Den Samstagabend verbrachten wir bei Freunden von Steph, Jacky und Sean. Jacky ist auch Lehrerin in einer Community und Sean der Koch und Sozialarbeiter. Wir hatten einen wirklich lustigen Abend und erzählten viel. Am Sonntag wollten wir eigentlich einen großen Ausflug in einen Nationalpark machen, aber Thomas und ich waren einfach zu erledigt von den letzten Tagen. Das Autofahren hat extrem geschlaucht, ebenso wie die Hitze. So beschlossen wir einfach einen extrem gemütlichen und faulen Tag einzulegen. Wir verliebten uns in die Couch und schauten nach monatelanger Abstinenz auch mal wieder Fernseh und ließen uns einfach nur berieseln. Zwischendurch spielten wir immer wieder mit "Zaza", der Hund, den Steph aus einem Zwinger befreit hat, weil er misshandelt wurde und bei Steph als neuer Besitzerin geblieben ist, weil sie ihn regelmäßig füttert und mit Aufmerksamkeit versorgt.

Der Montag sollte dann wohl der spannendste Tag werden, wir durften mit in die Schule von Steph. Dafür mussten wir nur 50km über eine unbefestigte Schotterrpiste zurücklegen und dann erreichten wir die Community Manyalalluk. Hier unterrichtet Steph seit 2 Jahren. Um 7:30 Uhr sollte eigentlich die Schule losgehen. Tja eigentlich, denn um 8:00 Uhr war noch nicht ein einziges Kind in der Schule. Panik würde bei uns in Deutschland ausbrechen. In der Schule, Gelassenheit? Die Kinder haben keine Uhr und keine Eltern, die sie aus dem Schlaf reißen würden (sie haben natürlich Eltern, aber sie haben ja ebenfalls keine Uhr und schlafen meist selber lange) also aktivierte Steph nochmals die Schulklingel, die über die ganze Community zu hören ist und versuchte somit die Kinder zu wecken. Und endlich, es kam eine Schülerin. Sie bereiteten ihr zu allererst einmal Frühstück zu. Nach und nach tingelten so langsam ein paar Kinder ein, als dann um 9:00 Uhr erst 5 der 9 Kinder aus Stephs Klasse anwesend waren, machten wir uns auf den Weg, die Kinder abzuholen. Jap, ihr hört richtig, wir holten die Kinder von zu Hause mit Stephs Auto ab. Also klapperten wir nach und nach jedes Haus ab und schickten ein Kind rein, welches dann seinen Mitschüler weckte und mit in die Schule holte. Wir hatten bei 3 Kindern Erfolg, eins verweigerte komplett und hatte keine Lust zu kommen. Als dann so langsam alle da waren und wir jedem ein Frühstück zubereitet hatten, konnte der Unterricht losgehen. Die Kinder waren wirklich interessiert an uns und bald konnten wir uns kaum vor kuschelnden Kindern retten, die uns nur mit Miss und Mister ansprachen, was wirklich total niedlich war. Wir spielten in den Pausen mit ihnen Basketball, zeigten ihnen auf einen virtuellen Rundgang Ilsenburg und halfen bei Mathe. Was unbedingt noch festgehalten werden muss, ist das Schulgebäude. Dies ist so viel moderner eingerichtet, als fast jedes Schulhaus, was ich bisher in Deutschland gesehen habe. Smartboards, Computer, viel Platz und eine komplette Bücherei in jedem der Klassenräume (okay, es waren nur 2, aber trotzdem!). Im Laufe des Tages bereiteten wir auch noch Mittagessen für die Kinder zu. Auch ein großer Unterschied zu "normalen" Schulen, denn hier geben die Eltern essen mit in die Schule, was aber nicht in einer Community der Fall ist. Die Kinder bekommen meist morgens nichts zu essen oder zu trinken, daher kümmert sich die Schule um alles. Eigentlich sollte das Frauenzenter das Mittagessen zubereiten, so wie jeden Tag, aber dort war niemand anzutreffen. Und dann erfuhren wir auch den Grund warum kein Mittagessen vorbereitet wurde und weshalb die Kinder so müde waren, am Sonntagabend hatten die Erwachsenen der Community ein großes Kartenspiel um Geld veranstaltet und haben sich somit nicht um die Kinder gekümmert. Das kleine "gambling" ging bis tief in die Nacht und die Kinder "durften" somit selber entscheiden, wann es ins Bett ging. Tja, dementsprechend müde waren sie alle am nächsten Tag. Generell muss man sagen, dass die Fürsorge für die Kinder definitiv nicht ausreichend ist, viele der Kinder haben ein Trauma, wie uns Steph erzählte. Schläge, Alkohol und Vernachlässigung sind eher die Regel als die Ausnahme und so holen sich die Kinder die Fürsorge in der Schule ab. Wir wurden so viel geknuddelt und Thomas hatte immer irgendein Kind auf dem Arm, sodass wir froh waren ihnen ein paar schöne Stunden zu bescheren. Die Kinder waren super lieb und wir finden, dass die Lehrer einen wahnsinnig guten Job abliefern und man vor den Lehrern wirklich Respekt haben muss! Zwischenzeitlich fragten wir uns auch, warum man in einer Community unterrichten möchte, denn man ist von der Außenwelt abgeschlossen (100km Fahrt für ein Packen Milch) und hat einfach nicht viele Leute um sich herum. Zum einen sprechen für den Job die finanziellen Vorzüge, ein Haus, ein Auto, Benzin, was einem alles gestellt wird. Aber zum anderen spricht wohl vor allem die Arbeit mit den Kindern, bei der man wirklich viel Erfahrung als Lehrer sammelt (bei 9 Kindern hat Steph 4 verschiedene Klassenstufen) und die Gewissheit zu haben, dass man etwas Gutes tut! Wir waren jedenfalls total begeistert von unseren Tagen in der Community.

 

Nun geht es weiter Richtung 2 Nationalparks, dem "Litchfield" Nationalpark und in den "Nitmiluk" Nationalpark. Wir werden euch davon, wie immer, berichten.

Cheers,

Katta

PS: Thomas und ich stellten vorgestern entsetzt fest, dass nächstes Wochenende Ostern ist. Das hätten wir völlig verpasst, wenn es nicht Werbung dafür im Fernseh gegeben hätte.

PPS: Das ist der zweite Blogeintrag heute. Genau unter diesem findet ihr unsere Outbackerfahrung der letzten Woche.